Der Lütti und ich sitzen zusammen und genießen einen Weihnachtsfilm. Wir möchten uns auf die Adventszeit einstimmen und auf die bald folgende Wunschliste.
Diesmal kommt der Kurze mir aber zuvor und fragt mich: „Papa was wünschst Du Dir eigentlich zu Weihnachten?“
Erst wollte ich unvermittelt „nichts“ antworten, stattdessen äußerte ich aber „Zeit, mein Schatz!“.
Er war verwundert, mit seinen 9 Jahren.
„Zeit? Du hast doch eine Uhr!“
Ich antwortete: „Nimm dir einen Tee und setz dich zu mir!“.
Der Beitrag zum Anhören:
Ein typischer Aufhänger für eine klassische PapaErklaert Geschichte, oder? Der Ursprung sollte eigentlich eine Geschichte werden, mit meiner Sicht auf die Vorpubertät, doch aus zeitlichen Gründen habe ich es nicht geschafft den Beitrag zu schreiben.
Mittlerweile habe ich einen anderen Blick auf die Situation, als noch von vor ein paar Wochen.
Hintergrund
Der Lütte und ich haben einen zickigen November hinter uns, den ich zumindest in Teilen auf die Vorpubertät schiebe.
Wir haben einfach nicht zusammengefunden. Ich wollte Hü, er wollte hott und am Ende haben wir nicht uns nicht einigen können. Wenn ich Glück hatte, konnten wir am nächsten Tag wieder miteinander reden.
In Gesprächen mit MamaErklaert zeigte Sie mir ihre Sicht „von außen“ auf.
Sie sagte „Du hast den letzten Monat viel gearbeitet. Du warst zwei Tage beim Kunden ohne nach Hause zu kommen, Du hast Abends gearbeitet, gehst wieder mehr ins Büro und der „Kleine“ hat Dich kaum gesehen. Vielleicht kann er es dir nicht anders Zeigen mit dem geänderten Alltag umzugehen.“
Ich glaube MamaErklaert, die wohl beste Frau auf der Welt (für mich ;-)) hatte recht.
Auch wenn ich finde das unser Sohn seine Gefühle unglaublich gut in Worte fassen kann, ist das nicht immer möglich. Weder bei ihm, noch bei anderen Kindern oder uns Erwachsenen.
Wir fangen dann an uns komisch zu verhalten, ohne es selbst zu merken oder zu wissen warum.
Die Erkenntnis
Mit dieser Eingebung habe ich versucht meinen Tag und meine Arbeit wieder etwas zurück zu strukturieren.
Nicht mit aller Macht ins Büro vielleicht doch wieder einen Home-Office-Tag mehr nehmen.
Wenn ich noch etwas Nacharbeiten möchte dann vielleicht erst wenn der Kurze im Bett ist.
Ihm zeigen, ich bin da, wenn Du Nähe suchst.
Was sich für Dich wie riesen Änderungen liest, sind tatsächlich nur kleinere Anpassungen in meinem Leben und in meinem Zeitmanagement. Trotzdem fallen Sie mir zu Teilen schwer, nicht nur wegen der Arbeit.
Zeit im Home-Office ist geil aber Zeit im Büro auch. Sich mit anderen Menschen auf kurzen Wegen austauschen, ein kurzer Schnack am Platz oder einfach herumalbern.
Die meisten der Menschen im Büro sind nicht nur Arbeitskollegen und Kolleginnen, sondern Menschen die ich gerne um mich habe… Irgendwie… 😛
Zurück zum Thema
Kommen wir aber wieder zurück zum Thema Zeit. Warum wünsche ich mir tatsächlich Zeit?
Denn sind wir ehrlich, Geld ist geil, Geschenke sind Geil, Zeit habe viel…
Habe ich viel Zeit? Ich sitze viel auf der Couch, schaue aufs Handy, gucke Filme, Zocke auf der Konsole oder bin eins mit dem Universum. Das heißt übrigens ich atme ein, ich atme aus. Fertig!
Ich bin mittlerweile 39 und realisiere der Lebensweg, den ich beschreite, ist nicht wie eine Uhr. Kein weg der im Kreis führt. Er ist eine Gerade in der viele Dörfer, die ich passiere gleich aussehen.
Der Start liegt so weit hinter mir das ich ihn nicht mehr sehe. Das Ziel sehe ich auch noch nicht aber im Inneren ist mir bewusst der Teil der Strecke vor mir ist wahrscheinlich kürzer als der Teil, den ich hinter mir gelassen habe.
Deswegen ist Zeit auch das schönste und wertvollste Geschenk, das wir geben können, wenn wir Sie mit Leben füllen.
Zeit schenken ist hierbei natürlich ein großer und einfacher Begriff, für so viel was dahinter steht.
Ich verbringe Zeit mit dem Kurzen und schenke ihnen all das, was an mir gut ist. Mein Humor, meine Nähe, meine Liebe und meine Aufmerksamkeit. Ich schenke ihm das Gefühl nicht alleine zu sein und ich schenke ihm das Gefühl etwas wert zu sein.
Das Beispiel können wir weiter ausbauen. Ich schenke meiner Mutter, wenn ich Sie anrufe nach Feierabend, etwas Zeit um ihr zu Zeigen „Du bist mir wichtig, teile deine Gedanken mit mir“.
Wenn ich Arbeitskollegen Frage „wie geht es dir“ oder „was gibt es Neues?“ Gebe ich Zeit zum Zuhören, darüber nachdenken und wenn es gewollt ist darauf zu reagieren.
Ich weiß, das alles liest sich jetzt sehr ernst, vielleicht ein wenig privilegiert und auch ein bisschen „lari fari“ aber es gibt Punkte im Leben, an denen wir alle so denken.
Dieser Punkt war zuletzt bei mir vor 4 Jahren aufgetreten als ich meinen Vater keine Zeit mehr „schenken“ konnte und er das Ziel seines Weges erreicht hat. Um so mehr weiß ich aber zu schätzen, wie er die Zeit gefüllt hat, die wir miteinander verbracht haben.
Damit dieser lange Text nicht gänzlich mit einem „Downer“ endet möchte ich gerne noch die angerissene „Vorpubertät“ mit dem Lütten zu Ende bringen.
Unser Verhältnis hat sich schlagartig wieder gebessert. Jetzt müssen wir schauen, dass wir es langsam angehen denn Zeit „verschenkt“ man nicht nur an andere, Sie sollte sie sich auch selbst gegönnt werden.
Ich wünsche dir einen tollen Start in die Adventszeit auf, dass du Sie so verbringst wie Sie für dich am schönsten ist.
Liebe Grüße
Dein Björn
PS: Wenn Du in der Stimmung bist Dich mehr damit zu befassen, ein Freund und ich haben vor Jahren zwei tolle und thematische passende Podcastfolgen hierzu aufgenommen:
https://erstmal-kaffee.de/glauben
https://erstmal-kaffee.de/ereignisse-die-unser-leben-nachhaltig-veraendert-haben